von V Change Makers | Jul 1, 2019 | Artikel, Gedanken, V Change Makers
Veganer auf Partnersuche: Vegan oder nicht-vegan, das ist hier die Frage.
Allein sein möchte niemand wirklich, zumindest nicht auf Dauer. Allein sein bedeutet zwar nicht unbedingt auch einsam zu sein, doch einen liebevollen Partner an der Seite zu haben, bereichert das Leben enorm. Nun stellt sich aber bei vegan lebenden Menschen bei der Partnerwahl oft die Frage, ob dieser nun auch vegan sein muss oder eben nicht. Führt eine unvegane Lebensweise bei der Partnerwahl zum Ausschlusskriterium? Heute berichte ich, wie es bei mir ist und wie meine Ansichten zu diesem Thema aussehen.
Meine Geschichte: Warum ich mich als Veganerin dazu entschloss, doch unvegane Männer zu daten und wohin dies führte
Ich lebe nun seit über 10 Jahren vegan. Eine lange Zeit. Sehr lange Zeit. Ich erinnere mich noch ganz genau an den Wendepunkt als ich mich Anfang Januar 2009 dazu entschlossen habe vegan zu ernähren. Damals war ich schon einige Zeit Single gewesen und mir war direkt klar, dass mein zukünftiger Partner auch vegan sein muss. Muss! Darunter ging gar nichts.
Nun stellt euch allerdings die vegane Szene vor über 10 Jahren vor. Ich kann euch sagen, es war schlimm. Optisch entsprachen die meisten Veganer sämtlichen Vorurteilen. Zottelige Haare, Hippie und im Leinenhemd, gerne auch barfuß unterwegs und spirituell in einer ganz anderen Welt. Etwas überspitzt formuliert, das gebe ich zu. Doch als Frau, die weder zottelige Haare hat, noch gern ein Hippie ist und auch nicht unbedingt im Leinenhemd herumspaziert, war meine damalige Partnersuche eine Katastrophe. Jaaa, eine Katastrophe. Diese glich der ewigen Wüste, wo lang und breit die Hoffnung dahin siebte jemals einen veganen Partner zu finden. Diese Art von Männern, die damals vegan lebten und mit denen ich in Kontakt kam, entsprachen kein Stück meinen Vorstellungen. Innere Werte hin oder her. Damals gab es noch die Veggiecommunity, eine Art (Single-)Plattform, auf der man mit anderen vegan Interessierten in Kontakt treten konnte. Nun ja, wenn mal jemand auch nur Ansatzweise in mein Schema passte, wohnte dieser gleich am Ender der Welt. Ihr könnt euch vorstellen, wie frustrierend das war. Ich wollte ja nun nicht ewig Single bleiben.
So verging einige Zeit, viele Monate. Ich tingelte von veganen Events zu Events und traf einfach niemanden, der mein Herz höher schlugen ließ. Nach dieser Zeit horchte ich in mich hinein und begann meinen Blickwinkel zu ändern. Und zwar machte ich mir bewusst, dass wir alle bzw. die meisten nicht vegan zur Welt kommen. Auch bei mir war es eine Weiterentwicklung, die über mehrere Jahre ging, denn ich lebte auch lange Zeit „nur“ vegetarisch.
Vegan zu leben ist nicht nur eine Ernährungsweise, sondern so viel mehr. Wenn du einmal beginnst zu begreifen, das 1. tatsächlich so unfassbares Leid existiert und 2. dass man unwissentlich (damals zumindest noch) so viele Jahre daran teilgenommen hat, ändert sich dein Blickwinkel und deine Empfindungen enorm. Für mich war es damals wie ein Schock als ich erfuhr, was in der Tierindustrie abging. Mir war sofort klar, dass das nichts ist, woran ich mich auch nur im Ansatz beteiligen wollte. Tja, doch so sahen und sehen es nicht viele. Viele glauben bis heute nicht, dass es so grausam in der Tierindustrie vorgeht. Für mich war es so schlimm, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, wie andere nicht das gleiche empfinden konnten und sofort oder auf lange Frist ihr Verhalten änderten. Bis heute kann ich nicht verstehen, wie diese Tatsachen ein Herz nicht berühren können. Somit konnte ich mir damals auch nicht vorstellen einen Partner an meiner Seite zu haben, den diese Fakten, diese Videos, diese Bilder, diese Wahrheit kalt lässt. Ich wollte auf gar keinen Fall so einen (kalten) Menschen an meiner Seite haben.
Doch mit der Zeit begriff ich, dass jeder Mensch sich in seinem eigenen Tempo entwickelt und somit beschloss ich, Menschen eine Chance zur Veränderung zu geben. Eventuell würde mein Hinweis auf diese Missstände bei anderen etwas auslösen. Einen Prozess zum Umdenken. Somit wurde ich offener und auch wieder zugänglicher für nicht vegan lebende Partner. Denn wenn es so weiter gegangen wäre … oh je, ich will nicht einmal daran denken. Ich wäre wohl irgendwann sehr frustriert und verzweifelt gewesen … und vor allem einsam.
Also Back to the Roots und somit wieder offen für nicht-vegane Männer sein. Klar war jedoch, dass ich niemals mit jemandem zusammen sein konnte, dem Tierquälerei bzw. dieses unvorstellbare Leid völlig kalt lässt. Das stand fest. Felsenfest. Und so begann es.
Ich datete wieder Männer und bei den ersten Gesprächen kam natürlich schnell meine Ernährungsweise auf den Tisch. Zu meiner Überraschung schreckte es tatsächlich niemanden ab, sondern rief eher Interesse und Neugierde auf. Und somit öffnete sich eine neue Ebene, die viel produktiver in jeglicher Hinsicht war als mein direktes Ausschließen von unveganen Männern. So gab ich Menschen die Chance, ihren Horizont zu erweitern und war für viele der Auslöser umzudenken und sich mit dieser Thematik überhaupt zu beschäftigen. Natürlich führte ich dann im Laufe der Zeit einige Beziehungen – mit unveganen Männern. Alle waren komplett unterschiedlich, doch in einem waren alle identisch, sie akzeptierten meine Lebensweisen, waren offen vieles auszuprobieren und sich mit den Missständen auseinanderzusetzen. Und wisst ihr was? Nicht nur das, sie begannen oft vegane Produkte zu kaufen und sich zu informieren, was in vielen Produkten steckte. So hatte ich gewonnen und nicht nur ich, sondern auch sie selbst um ihre Ernährungs- und Lebensweise zu überdenken und natürlich auch die Tiere … sie hatten eine weitere Chance auf mehr vegane Menschen zu hoffen, die ihr Leid wahrnehmen und bereit sind es zu verhindern.
Natürlich wurde nicht jeder meiner (Ex-)Partner vegan, doch sie kamen durch mich mit dieser Thematik in Berührung und haben Vorurteile abgelegt, Neues kennengelernt und ihren Blickwinkel und Herz für so etwas Wichtiges geöffnet.
Auch meinen jetzigen Mann lernte ich als Nicht-Veganer kennen. Doch was ist heute? Er ist derjenige, der bei Ausflügen und Urlauben sofort danach schaut, ob es vegane Restaurants in der Nähe gibt, mir vegane Leckereien von seinen Dienstreisen mitbringt und seine Ernährung in diesem Bereich sehr sehr verändert hat. Er isst zuhause fast nur vegan und kocht die leckersten veganen Currys und Chilis. Er war schon immer sehr naturverbunden und hatte ein Bewusstsein für die Umwelt. Er hatte keine bzw. nicht viele Kenntnisse der Missstände in dieser Branche und kannte auch viele vegane Alternativen nicht. Nun wirft er auf vieles einen ganz anderen Blick und hat durch meine Offenheit und Kompromissbereitschaft so viel dazu gelernt und vor allem kennengelernt. So haben wir beide gewonnen. Ich hätte nicht viel davon gehabt, wenn ich bei meiner vorherigen Einstellung geblieben wäre keine unveganen Männer zu daten. Nun sind wir seit über 4 Jahren ein Paar und mittlerweile verheiratet und Eltern. Er hat seine Vorurteile abgelegt, so dass er meine vegane Schwangerschaft anstandslos akzeptierte und mir auch die vegane Beikost unseres Kindes überließ.
Was ich euch mit auf den Weg geben möchte
Mit meiner Geschichte möchte ich auch zeigen, dass ihr mehr davon habt, wenn ihr Leute nicht gleich selektiert, die nicht zu 100% euren moralischen Vorstellungen entsprechen. Gibt ihnen eine Chance und weist sie zumindest auf die Missstände in unserer Gesellschaft hin und sensibilisiert sie für diese Thematik. Wenn sie nicht offen dafür sind, dann sortieren sie sich schon von selbst aus, bzw. schießen sich von selbst ganz weit, ganz ganz ganz weit ins Aus. Gebt ihnen die Chance, dass ihr ihnen die Augen öffnet. Davon haben wir alle mehr 🙂 Vielleicht überdenkt ihr eure Einstellungen. Kein Muss, jedoch eventuell eine Anregung 🙂 Denn wir kamen doch auch nicht direkt vegan auf die Welt, uns mussten auch erst die Augen geöffnet werden. Außerdem braucht doch jeder bei gewissen Themen einen anderen, der einen an die Hand nimmt und zeigt, wie es funktioniert.
Kompromissbereitschaft in einer veganen – unveganen Beziehung
Geht Kompromisse ein, doch bleibt euren Werten treu. Wie ich schon erwähnte, war es mir besonders wichtig, dass mein (zukünftiger) Partner Tierquälerei bzw. Tierleid im Allgemeinen nicht toleriert, ignoriert oder verharmlost. Bei diesem Punkt gehe ich keinerlei Kompromisse ein bzw. weiche von meinen Werten ab. Wichtig war und ist mir, dass mein Partner auf seine Art und Weise und in seinem Tempo zeigt, dass er diese Problematiken ernst nimmt und bereit dazu ist, seinen Beitrag zu leisten, damit sich etwas ändert. Dazu gehörte vor allem meine Kompromissbereitschaft, dass ich es toleriere, dass er nicht zu 100% vegan lebt.
Denkt an folgenden Spruch:
„Wir brauche nicht einen der den Veganismus 100% perfekt umsetzt, sondern Millionen, die ihn unperfekt umsetzen.“
Doch jede Kompromissbereitschaft sollte auch seine Grenzen haben. Wenn ihr ständig diskutiert und einfach keinen gemeinsamen Nenner findet und somit kein Verständnis füreinander, dann ist natürlich die partnerschaftliche Basis gefährdet. Wenn man bei so einem Thema schon viel diskutieren muss, weil so viel Unverständnis herrscht, dann passt es wohl nicht in diesem Punkt. Da müsst ihr selbst entscheiden, ob ihr das könnt, wollt und überhaupt Sinn darin seht.
Denkt aber daran: Wir alle können uns gegenseitig positiv beeinflussen, unser Denken und Wissen erweitern und eine Stufe höher in unserer Entwicklung steigen. 🙂
Ich wünsche euch viel Glück für eure Beziehungen und Partnersuche <3
Mich interessieren eure Gedanken zu diesem Thema und vor allem eure Erfahrungen. Teilt sie gerne mit mir. Ich freue mich auf E-Mails: jessica@vchangemakers.de
von V Change Makers | Jun 26, 2019 | Alternativen, Artikel, Einkaufstipps, Empfehlungen (Produkte, Restaurants, etc.), Rezepte
Vegane Burger, gefüllte Champignons und als Dessert Kokosjoghurt mit Erdbeeren
Der Sommer überrollt uns mit aller Kraft. Der Klimawandel lässt grüßen. Anstatt Frühsommer herrscht aktuell absoluter Hochsommer. Doch ich will nun gar nicht schwere Thematiken auf den Tisch bringen, sondern euch eine klimafreundliche Inspiration präsentieren. Bei dem „schönen“ Wetter nutzen wir oft die Chance um draußen zu essen UND um zu grillen. Da wir aktuell somit auch einige vegane Burger Alternativen testen, gab es unter anderem wieder selbstgemachte Burger. YEAH! 🙂
Aber nicht nur das.
Neben selbstgemachten veganen Burgern, gab es unsere heißgeliebten gefüllten Champignons.
Diese sind ganz einfach zuzubereiten.
Rezept: Gefüllte Champignons
Zutaten:
- Champignons
- Zwiebeln
- Knoblauch
- Streichcreme (Paprika Chili) (Wir nutzen die von dm, es gibt sie aber auch in sämtlichen anderen Supermärkten. Dort werden sie unter den Eigenmarken verkauft.)
- Kräuter
- Veganen Streukäse
Zubereitung:
- Putzt die Champignons und höhlt sie aus.
- Gebt die Streichcreme mit klein geschnittenen und gepressten Knoblauch und den Kräutern in eine Schüssel und vermengt alles gut.
- Die entstandene Füllung gebt ihr nun mit einem Löffel in die Champignonsköpfe. Darüber gebt ihr den Streukäse und stellt sie in einer Grillschale auf den Grill.
- Bon Apettit!
Wie ihr seht, ist das Rezept super einfach und rucki zucki gezaubert. Die gefüllten Champignons eigenen sich auch super für Familienfeste oder Parties. Wir machen sie oft zu Weihnachten oder nehmen sie mit, wenn wir irgendwo eingeladen sind. Sie kommen immer gut an.
Weiter geht es nun mit unserem ultraleckeren erfrischenden Dessert
Rezept: Kokosjoghurt mit frischen Erdbeeren – sehr zuckerarm
Das Wort „Rezept“ ist schon zu viel für dieses einfache Dessert, da es so einfach gemacht ist.
Zutaten:
- Kokosjoghurt mit wenig bis kaum Zucker (z. B. Alnatura Kokosjoghurt mit 0,1g Zucker ODER den Kokosjoghurt von dm Bio mit 1g Zucker)
- Frische Erdbeeren oder anderes Obst
Zubereitung:
Kokosjoghurt in eine Schüssel geben und das kleingeschnittene Obst dazugeben. Gut vermengen und direkt servieren, solange der Joghurt noch gekühlt ist. Sehr erfrischend 🙂
Dazu gab es, wie ihr seht, die veganen Burger. Mittlerweile gibt es gigantisch gute vegane Burger Patty Alternativen, die den üblichen Fleischburgern zurecht die Show stehlen. Wir können euch vor allem die Pattys von Beyond Meat empfehlen, von Kaufland (Eigenmarke) und Garden Gourmet (leider Nestle). Es fällt mir sehr schwer euch etwas von Nestle zu empfehlen, da ich dieses Unternehmen zutiefst verachte, DOCH ist es von hoher Bedeutung, dass es immer mehr und vor allem wahnsinnig gute vegane Alternativen auf dem Markt gibt, die LEICHT zu erwerben sind. Nestle ist mies, richtig mies, doch der Burger ist wirklich richtig gut und in fast jedem Supermarkt zu erwerben! Entscheidet selbst, ob ihr diese kauft oder nicht. Denkt jedoch daran, dass es nicht um uns Veganer geht, sondern um die, die noch überzeugt werden müssen und die mit den harten Fakten nicht zu bewegen sind. Diese erreichen wir nur über gigantisch ultragute vegane Alternativen, die herkömmliche tierische Produkte in den Schatten stellen. Die zudem auch noch sehr leicht erhältlich sind!
Ich wünsche euch einen tollen Sommer!
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von V Change Makers | Mai 30, 2019 | Artikel, Empfehlungen (Produkte, Restaurants, etc.), Männer inspirieren Männer
Interview 20
Dennis eröffnete das erste vegane Cafe in Duisburg. Seitdem er vegan lebt, findet er selbst Kuhmilch Wasser trinkende Frauen suspekt
Mit sehr inspirierenden und zum Nachdenken bewegenden Antworten geht es heute weiter im Rahmen der Aktion Männer inspirieren Männer. Dennis, der ehemalige Besitzer des ersten veganen Cafes in Duisburg, berichtet von seinem Wandel und erklärt, weshalb er Milch trinkende Frauen nicht mehr versteht und wünscht sich, dass unvegane Männer die vegane Lebensweise einfach mal ausprobieren. Wenn sie es nicht für sich machen wollen, dann immerhin für ihre Kinder um ihnen einen bewohnbaren und beeindruckenden Planeten zu hinterlassen. Lest nun seine bewegenden Worte.
1. Erzähl zunächst etwas über dich: Wer bist du?
Mein Name ist Dennis. Ich bin Jahrgang 1983, komme aus und lebe in Duisburg im Ruhrgebiet und ich bin seit Juli 2011 Veganer. Vorher habe ich zweieinhalb Jahre vegetarisch gelebt.
Ich spiele Schlagzeug (aktuell bei Magma Waves), bin leidenschaftlicher Gamer und Fan der 80er und 90er. Außerdem betreibe ich den 80er und 90er Podcast „Pixel und Plastik“. Seit letztem Jahr bin ich Vater.
Mit meiner Frau Sarah habe ich zwischen 2014 und 2018 das erste vegane Café Duisburgs, die Krümelküche, betrieben. Den Laden haben wir in gute (vegane) Hände weiterverkauft, weil wir eine Familie gründen wollten und selbstständig in der Gastronomie sein und gleichzeitig ein Kind haben für uns nicht möglich war.
2. Weshalb lebst du vegan? Was war der Auslöser?
Ich war schon immer ein Tierfreund, hatte unterschiedliche Haustiere und fand andere Lebewesen immer liebenswert und schön. Das hat mich allerdings nicht davon abgehalten so oft und so viel Fleisch wie möglich zu essen. Ich bin seit meinen Teenager-Jahren Metalhead und zu der Zeit war die vegane Lebensweise im Metal kein Thema. Im Gegenteil: Fleisch essen war männlich und „metal“! Auch die Lederjacken und Lederstiefel etc. waren selbstverständliche Begleiter in meinem Leben. Im Studium habe ich dann ein paar Vegetarier und Veganer kennen gelernt. So habe ich zum ersten Mal veganen Schokoladenkuchen probiert oder Sushi. Und der Kommilitone, der mir diese Sachen gezeigt hat sagte immer, „Dennis, du bist so ein lieber Kerl. Wie bringst Du das übers Herz Tiere zu essen?“. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Nachdem ich mit meiner Frau (damals Freundin) Sarah dann entschieden habe nur noch Fleisch vom Metzger und nicht aus der Billigtheke zu kaufen ist uns aufgefallen, dass wir uns damit etwas besser fühlten, das aber auch nicht mehr das Nonplusultra an Geschmack für uns war. Also haben wir uns entschieden, vegetarisch zu leben. Mein Schokokuchen-Studienfreund sagte dann als ich ihm stolz verkündete nun Vegetarier zu sein, „Das ist aber auch etwas inkonsequent, wenn Du es der Tiere wegen machen möchtest“. Ich habe mich dann immer mehr mit dem Thema befasst und herausgefunden, was es für Kühe, Kälber, Hühner und männliche Küken bedeutet, wenn ich Milchprodukte und Eier esse.
Der Moment in dem es dann schlussendlich bei mir „klick“ gemacht hat, war das Video „Darum bin ich Vegan“ von PETA2. Das findet ihr unter diesem Titel auf Youtube als ersten Treffer. Die Kombination aus den Menschen, die Zitate von Einflussreichen Persönlichkeiten der Menschheitsgeschichte vortragen, mit der Musik und den kurzen Ausschnitten wie Tiere behandelt werden hat mich fertig gemacht und ich kam nach Hause und sagte zu meiner Freundin, „Ich halte es nicht mehr aus! Ich muss ab heute vegan leben!“
Ich lebe vegan, weil ich es nicht ertrage, dass ich für die grausame Versklavung und Ausbeutung von liebevollen, emotionalen und interessanten Tieren verantwortlich bin, wenn ich Tierprodukte kaufe. Wir sind so weit entwickelt, dass niemand Fleisch essen oder Milch trinken muss. Warum sollte ich also?
©Lars Walther
3. Was müsste, deiner Meinung nach, noch getan werden um der Gesellschaft den Veganismus näher zu bringen?
Wir sind schon auf einem ganz guten Pfad, Nicht-Veganern nahe zubringen, wie einfach, lecker und sinnvoll das sein kann. Viele Berühmtheiten (Leonardo DiCaprio, Natalie Portman, Moby etc.) zeigen den Menschen, die sie bewundern, wie wichtig es für die Tiere und vor allem auch für die Umwelt und unsere Gesundheit ist, vegan zu leben.
Meiner Meinung nach ist das größte Problem die Tatsache, dass Menschen sich nichts verbieten lassen und sich auch nicht belehren lassen möchten. Viele Menschen glauben, alles besser zu wissen oder möchten sich nicht verändern oder überzeugen lassen. Das muss leider von alleine passieren. Der beste Weg zu zeigen, wie einfach das geht ist meiner Meinung nach es anderen vorzuleben. Nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt zu gehen aber einfach offen darüber sprechen und vielleicht mal die nicht-veggie Freunde zum Essen nach Hause einladen und sie mit tollen Rezepten überzeugen. Dann kommt vielleicht auch irgendwann mal das Thema im Gespräch auf und die Diskussion wird automatisch etwas weniger hitzig ablaufen, weil die Omnis dann ja schon mal auf den Geschmack gekommen sind.
4. Statistisch gesehen leben überwiegend Frauen vegan. Hast du einen Tipp für Männer, die eventuell Bedenken haben als unmännlich zu gelten, wenn sie vegan leben?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich finde es ohnehin paradox als „männlich“ gelten zu müssen. Männlich ist Mann von Geburt an. Alles andere sind ethische, persönliche und moralische Entscheidungen, die man als Mensch trifft; Kleidungsstil, Auftreten, Verhalten, Wertevorstellungen und Ansichten. Evolutionär gibt es keine Gründe mehr, besonders männlich oder besonders weiblich auf seine Außenwelt wirken zu müssen. Bodybuilding zu betreiben, um als starker Mann daher zukommen ist evolutionär irrelevant geworden. In der Steinzeit oder im Mittelalter galt noch das Recht des Stärkeren und Überlebenschancen und Ansehen waren vielleicht höher dadurch. Aber heutzutage ist das rein persönlicher Geschmack, wie man möchte, dass der eigene Körper aussieht. Wenn man nicht gerade Sportler von Beruf ist hat das keinerlei Vorzüge. Ich ziehe diesen Vergleich weil Muskeln haben und Fleisch essen in meiner Wahrnehmung von anderen als gleichwertig „männlich“ betrachtet werden (und in vielerlei Denke noch verbunden sind: Muskeln essen bedeutet Muskeln aufbauen, in Fleisch ist mehr Protein als in Gemüse etc.). Was ich nun also einem Mann sage, der es als unmännlich ansieht kein Fleisch zu essen? Dass es rein persönlicher Geschmack ist, welche Ernährungsweise man verfolgt. Fleisch essen macht einen aber nicht männlicher. Fast alle Frauen, die ich kenne, finden, dass es männlicher ist, Emotionen und Mitgefühl zu zeigen, statt viel Fleisch zu essen oder ins Fitnessstudio zu gehen. Und sich für Schwächere einsetzen zeigt einen Drang nach Gerechtigkeit. Ich habe noch nie eine Frau sagen gehört „Mein Traummann muss viel Fleisch essen. Sonst ist er nicht männlich genug“. Verantwortung übernehmen finde ich männlich.
5. Welche Argumente, meinst du, benötigen einige Männer um zum Umdenken bewegt zu werden (wenn es nicht die eigene Frau ist)?
Das ist sehr individuell. Manche Menschen interessieren sich einfach nicht für das Leid anderer Lebewesen. Somit kann nicht pauschal gesagt werden, dass Tiere Todesangst, Stress, Frust und Langeweile im Stall verspüren ein Argument ist, mit dem Männer überzeugt werden können kein Fleisch mehr zu essen. Manche vielleicht. Aber nicht alle. Ich glaube Fakten sind am bedeutsamsten. Zahlen. Dass über 70 Milliarden Tiere (plus Meerestiere, die noch mal in etwa genauso viel ausmachen!) auf der Welt wirklich für Lebensmittelproduktion pro Jahr sterben wissen die meisten nicht. Wenn sich diese schier unvorstellbare Dimension einmal im Kopf des Menschen festigt ist der erste Wandel der Sichtweise vollzogen. Wenn dann gezeigt wird, wie viel Protein in unterschiedlichsten Gemüsesorten steckt und in der Ernährung keine Defizite entstehen müssen, ist das vielleicht schon der nächste Schritt. Und ich glaube dann kann man irgendwann anfangen Vergleiche zwischen Haustieren und Zuchttieren zu ziehen. Und dann ist man vielleicht nur noch anderthalb Stunden Earthlings oder Dominion vom nächsten potentiellen Veganer entfernt.
Eins meiner Lieblingsargumente ist folgendes. Nach einer Mahlzeit frage ich manchmal einen omnivoren Esser, „Wie lange hast Du für dein Essen gebraucht? 15 Minuten? 20 Minuten? Und ist es nach dieser Zeit noch relevant was genau du gegessen hast? So lange es lecker war und dich satt gemacht hat, und es dich wohl ernährt, wenn Du auf Vitamine, Ballaststoffe und Protein achtest? Ist es dann noch wichtig, dass für diese 20 Minuten ein Tier gestorben ist? Oder ist es vielleicht auch okay, satt und zufrieden zu sein, nach einer leckeren und nahrhaften Mahlzeit, auch wenn sie rein pflanzlich war?“. Das hat schon ein paar Mal für eine gerunzelte Stirn gesorgt.
6. Eine Frage zu deinen persönlichen Erfahrungen. Wie reagieren Männer darauf, wenn sie mitbekommen, dass du vegan lebst?
Ich kenne viele alternative Menschen. Gerade in der Musikszene in der ich mich bewege gibt es sehr viele Veganer. Die reagieren natürlich begeistert. Auf der Arbeit habe ich zum Beispiel keine Veganer, nur ein paar Vegetarierinnen. Da kriege ich regelmäßig alle klassischen dummen Sprüche (meist der Männer aber oft auch der Frauen) zu hören. Das ist sehr schade. Auch wenn man Fleisch isst muss man sich über den Veganer nicht lustig machen.
©Heike Leppkes
7. Wie hat dein Umfeld auf deine Entscheidung vegan zu leben reagiert?
Sehr gut. Meine Veggie-Freunde waren natürlich begeistert. Meine Mutter ist kurz darauf auch Veganerin geworden (und hat seitdem keinerlei Arthrose mehr!) und andere Familienmitglieder finden es immerhin interessant. Im Freundeskreis gab es überhaupt keine Probleme mit den Omnis. Die haben die Entscheidung quasi wortlos hingenommen und beim nächsten Besuch gefragt, was sie zu Essen oder zu trinken einkaufen sollen, jetzt wo ich mich anders ernähre, oder gesagt, dass ich doch das Restaurant auswählen soll, wo wir hin möchten, damit alle dort essen können. Da besteht meine alte Clique wirklich aus Vorzeigefreunden. Natürlich habe ich auch ein paar Freunde, die damit nichts anfangen können. Aber daran ist noch keine Freundschaft gescheitert.
8. Wie reagierst du auf dumme Sprüche bzgl. deiner Ernährungsweise?
Inzwischen weniger hitzig als früher. Ich versuche Menschen einzuschätzen und abzuwägen, ob sich ein Diskurs lohnt. Nach einer Weile bemerke ich in etwa wie ein Mensch diesbezüglich tickt und meistens habe ich dann das ein oder andere Argument, was sie wenigstens für eine Weile zum Nachdenken bringt, parat. Es gibt aber auch Kandidaten wo eine Diskussion von vornherein als unfruchtbar angesehen werden kann. Dann bleibt es meistens bei Stille oder Ironie, was beides keine guten Konversationsstrategien sind, mir aber manchmal einfach ausreichen, weil ich manchmal einfach keine Lust auf die hundertste Diskussion habe.
9. Wie reagieren Frauen auf deinen Ernährungsstil?
Nicht per se anders als Männer. Ich habe Freundinnen, die genauso Fleisch, Käse, Milch und Eier essen wie die Omni-Männer. Was ich nicht verstehen kann. Meiner Meinung nach müsste jede menschliche Frau auf der Welt Veganerin sein. Oder wenigstens jede Mutter. Die Tatsache, dass weibliche Tiere gegen ihren Willen versklavt, künstlich geschwängert, ihnen die Kinder weggenommen werden und die Muttermilch gestohlen wird ist ein Prozess, der so abartig und unnatürlich ist, dass jede Frau sich dagegen einsetzen müsste. Videos von Kälbern die um ihre Mutter weinen und Kühe, die tagelang nach ihren Babys rufen sind die herzzerreißendsten Aufnahmen, die es gibt. Mutterliebe ist in jeder Spezies gleich. Angeboren, instinktiv und natürlich. Dass wir uns aktiv dafür entscheiden, Baby-Kühe zu schlachten, weil es Kalbsfilet oder -döner geben muss ist krank. Somit verstehe ich nicht, wenn Frauen Milch trinken und Fleisch essen. Aber auch hier muss ein erster Grundstein gelegt werden, weil wir in unserer Gesellschaft nicht von alleine darüber unterrichtet werden, wie unsere Lebensmittel entstehen. Das muss man sich größtenteils ja noch selbst beantworten.
©Marvin Böhm // mail@marvinboehm.de // marvinboehm.de //
10. Ist es dir wichtig, dass dein/e Partner/in auch vegan lebt?
Ja. Inzwischen könnte ich mir keine Beziehung mehr zu einer Frau vorstellen, die nicht vegan lebt. Man sollte Menschen natürlich so nehmen wie sie sind. Aber ich könnte ja auch keine Beziehung zu einem Menschen führen, die andere Wertevorstellungen haben. Und eine Nicht-Veganerin ist ja (wenn vielleicht auch durch Unwissen oder „Faulheit“ sich dem Thema tiefgründig zu nähern) einverstanden damit, dass Tiere für sie leiden und sterben. Diese Einstellung ist für mich erst mal unattraktiv.
11. Befinden sich noch andere Veganer oder Vegetarier in deinem Umfeld oder bist du (noch) der Einzige?
Meine Frau und ich haben sogar viele vegane Freunde und sogar Freunde, die nach uns Veganer geworden sind, oder vielleicht sogar durch uns. Gerade durch die vier Jahre in denen wir unser veganes Restaurant geführt haben, sind einige Menschen zu uns gekommen und haben gesagt, „Nachdem wir bei euch gemerkt haben, wie vielseitig und vorzüglich vegane Küche sein kann sind wir auch Veganer geworden“. Das war das größte Geschenk und Kompliment, was man als veganer Restaurantbetreiber bekommen kann.
12. Was ist dein liebstes veganes Produkt?
Ganz klar der VEGO-Riegel. Diese Schokolade schmeckt so cremig und wie klassische Milchschokolade, dass ich kaum glauben kann, dass er vegan ist.
13. Gibt es noch etwas was du unveganen Männern mit auf den Weg geben möchtest?
Geht in Euch. Habt keine Angst (echte Männer haben ja eh keine Angst, richtig?). Ihr werdet nicht als weniger männlich gelten, wenn ihr mal kein blutiges Steak esst. Ihr werdet euch körperlich besser fühlen und auch Euer Geist wird davon profitieren, wenn ihr euch bewusst werdet, dass ihr tief in Euch drinnen eigentlich auch nicht damit einverstanden seid, dass liebe Schweine, verspielte Kühe oder intelligente Hühner und Enten für Euch ein Leben in Qual und Versklavung leben müssen und sterben, damit sie auf Eurem Teller landen. Probiert es einfach mal aus. Und wenn nicht für Euch dann für Eure Kinder. Denn die vegane Lebensweise rettet nicht nur Tierleben sondern schont auch die Umwelt. Und die Welt, die Ihr Euren Kindern hinterlasst könnt ihr jetzt noch mitgestalten.
©Lars Walther
Lieber Dennis, ich danke dir für deine Teilnahme! Du teilst meine Meinung über Kuhmilch trinkende Frauen. Ich finde diese Tatsache auch völlig strange. Schön, dass du deinem Bauchgefühl gefolgt bist und dich für den Veganismus entschieden hast. Ganz besonders beeindruckend ist es, dass du mit deiner Frau das erste vegane Cafe in Duisburg eröffnet hattest. Respekt! Toll! Danke auch, dass du die nächste Generation thematisierst und wir allein deshalb schon für eine friedlichere und klimafreundlichere Ernährung verantwortlich sind.
Inspiriere ebenfalls unvegane Männer und richte deine Worte an sie! Wenn du nun vegan lebst und männlich bist, dann melde dich bei mir. Alle wichtigen Informationen findest du hier: AUFRUF für die Aktion: Männer inspirieren Männer!
Hier geht es zu weiteren tollen Interviews der Aktion:
von V Change Makers | Mai 29, 2019 | Artikel, Empfehlungen (Produkte, Restaurants, etc.), Männer inspirieren Männer
Interview 19
Felix berichtet ausführlich, wie Jan Gerdes von Hof Butenland und seine Worte dafür sorgten, dass er vegan wurde und wie wichtig es generell ist sich bewusst zu machen, dass es kein Tierprodukt ohne Leid gibt
Mit sehr treffenden und klaren Worten geht es heute weiter. Felix findet im Rahmen der Aktion Männer inspirieren Männer deutliche Worte für seinen Wandel und seiner Entscheidung vegan zu leben. Er merkt an, dass es Zeit ist seinen eigenen Egoismus zurück zu schrauben und sich bewusst zu machen, woran man sich tagtäglich beteiligt, wenn man unvegane Produkte konsumiert. Lest nun selbst die interessante und spannende Schilderung von Felix und seinen Erfahrungen.
1. Erzähl zunächst etwas über dich: Wer bist du?
Ich bin Felix Stohlmann, 36 Jahre alt, Angestellter in einem Versandhandel mit einem Vollzeitjob bestehend aus 3 verschiedenen Positionen.
Ich arbeite als veganer Koch in unserer firmeneigenen, rein veganen Kantine (unsere Mitarbeiter leben zum Großteil omnivor), als Mitarbeiter im Versand (Lagertätigkeiten, hauptsächlich verpacken und versenden von Ware) und ich bin die federführende Kraft in unserer hauseigenen Digitaldruckerei (wir haben einen Schneidplotter, zwei/bald drei große Eco-Solvent-Drucker, mehrere Thermopressen für Tassen, T-Shirts, Basecaps usw.
Grundsätzlich bin ich ein offener, herzlicher und großzügiger Mensch, der eher zu viel für andere tut als zu wenig. Ich mag es allerdings nicht, wenn meine Freundlichkeit schamlos ausgenutzt wird. Mein Bildungsgrad endet beim Abitur. Vom Praktikanten und Fahrer für Fernsehproduktionen, Produktionsassistenten in einer Werbefilmproduktion, einem Jura-Studium an der Elite-Uni LMU München (welches ich erfolgreich nach 2 Semestern abgebrochen habe) über Tätigkeiten im Marketing bei einem großen Luxuskaufhaus und Promotion-Jobs, sowie Jobs in der Schulzeit als Filmvorführer und Barkeeper hab ich schon alles mögliche durch. Schließlich bin ich als Nordlicht nach 9 Jahren München, darunter einem Jahr in Australien, doch wieder im Norden gelandet. Meine Wahlheimat Hamburg hatte mich eigentlich schon während meiner Schulzeit in ihren Bann gezogen.
2. Weshalb lebst du vegan? Was war der Auslöser?
Ich lebe seit ca. 2002 vegetarisch. Lange redete ich mir ein, es sei gut, vegetarisch zu leben und es würde schon etwas bewegen. Vegan war mir „zu krass“. Meine Schwester war bereits 2001 vegan geworden. Ich wollte jedoch nicht sehen, dass für mich als Vegetarier ebenfalls Tiere leiden, wie z. B. Kinder auf grausame Art und Weise ihren Müttern weggenommen werden. In meinem Heimatdorf auf der Halbinsel Butjadingen gibt es den inzwischen bekannten „Hof Butenland“. Ich erfuhr, dass der einstige Demeter-Milchviehbetrieb mit damals eigener Käserei nun keine Nutztiere mehr ausnutzt. Hier hatte ich als Kind schon einige Zeit verbracht, da meine Eltern und die Familie Gerdes gemeinsame Freunde hatten. Als ich das erste Mal seit vielen Jahren wieder diesen Hof besuchte, begrüßte mich Prinz Luis, ein „Minischwein“, das den Hof bewachte. Ich lernte allmählich die tierischen Bewohner_innen kennen und lieben. Um gelegentlich aufzutauchen musste ich die menschlichen Bewohner_innen mit Kuchen bestechen, selbstverständlich vegan. Jan Gerdes musste den Hof seines Vaters übernehmen. Er wollte eigentlich Lehrer werden. Jedoch war er der Jüngste und irgendjemand musste den Hof nun einmal weiterführen. Deshalb versuchte er nach bestem Wissen und Gewissen mit möglichst wenig Leid diesen Hof zu führen und ließ sich für Demeter zertifizieren. Um es kurz zu fassen: Irgendwann bemerkte er, dass es für ihn nicht mehr auszuhalten war Tiere auszunutzen. So sehr Du auch versuchst darauf zu achten, dem Tier nicht zu schaden: Es gibt kein Tierprodukt ohne Tierleid. Nicht in kommerzieller Landwirtschaft. Sicherlich kann ein Privatmensch sich eine Kuh mit einem Kalb halten und gelegentlich ein wenig Milch abzapfen, ohne dass die Kuh leidet, aber wo gibt es das schon? Die Seele der Kuh ist spätestens dann gebrochen, wenn ihr das Kalb weggenommen wird. Beim ersten Kalb wird sie wohl evtl. noch aggressiv, weil ihr Kind weg ist. Doch dann wird sie hörig gemacht. Irgendwann schreit sie „nur“ noch wochenlang nach dem Kalb.
Der Auslöser war also die Tatsache, dass mir sogar ein gewissenhafter Ex-Bio-Bauer nicht die Wahrheit verschweigen konnte: Tierprodukte sind immer mit Tierleid verbunden. Auf einmal war es nicht mehr schwierig auf tierische Produkte zu verzichten. Das Schwierigste war der Beginn mit dem Käse aufzuhören. Eier hatte ich schon sehr lange nicht mehr gegessen und im Kaffee hatte ich schon lange Pflanzendrinks verwendet. Achtung: Sojadrink ist nicht gleich Sojadrink. Es gibt welche, die süßlich sind und nicht gut im Kaffee schmecken. Es gibt aber auch Drinks, bei denen Menschen, denen ich einen Cappuccino gemacht habe, gar nicht gemerkt haben, dass es keine Kuhmilch war. Da muss man sich ausprobieren. Für Kaffetrinker kann ich ungesüßte Sojadrinks oder Haferdrinks empfehlen. Für Cappuccino auch die Barista-Drinks in Hafer- oder Sojaform. Reisdrinks und Mandeldrinks sind mir im Kaffee suspekt.. aber alles in allem ist es wohl eine Gewöhnungssache. Inzwischen bin ich kein Käseliebhaber mehr, da im pflanzlichen Käse die Suchtstoffe fehlen. Dennoch mag ich gerne Frischcremes oder einige Scheiben-Käsealternativen. Der beste Käse, den ich je gegessen habe, seit ich vegan lebe ist von einem Freund aus München, der Cashews mit veganen Käsebakterien hat reifen lassen: ein drei Monate alter Bergkäse! Die komplette Umstellung kam dann, als ich anfing bei dem veganen Supermarkt zu arbeiten. Denn wenn nicht zu dem Zeitpunkt, wann dann. Ein Supermarkt mit 6.000 veganen Produkten. Ich liebe das Kochen und aufgrund der Tatsache, dass wir mit diesem Supermarkt kurz danach anfingen, eine Gastro in einem Nebengebäude zu eröffnen, wurde mein Wissen autodidaktisch vertieft… denn irgendwann landete ich in der Küche und „musste“ plötzlich kochen. Das Feedback war durchweg positiv. Nun wurde ich also zu einem passionierten und ungelernten Koch.
3. Was müsste, deiner Meinung nach, noch getan werden um der Gesellschaft den Veganismus näher zu bringen?
Es wird bereits sehr viel dafür getan. Viele Organisationen setzen sich dafür ein, dass die Menschen regelmäßig in Kontakt mit Veganismus kommen. Sei es an Info-Ständen, mit Snacks und Videos oder Infobroschüren, in Form der Durchführung von Demos etc. Und da Veganer_innen immer mehr werden, steigt die Nachfrage und somit auch das Angebot. Natürlich finde ich es schöner, wenn man als Ethik-Veganer auch die kleinen Bio-Firmen unterstützt, die schon jahrzehntelang vegane Produkte herstellen, aber es ist dennoch gut, dass große Firmen nachziehen, um den Veganismus „salonfähig“ oder „mainstreamig“ zu machen und die Angst und Hürde zu nehmen. Eine Organisation (ich glaube die ASS) hat Aufkleber mit dem Spruch „Es war noch nie so einfach vegan zu werden wie heute!“ (o. ä.). Dem stimme ich vollkommen zu. Und es wird immer mehr. Ob man es nun gut finden kann, dass Großkonzerne sich ein Stück vom Kuchen abschneiden wollen sei mal dahingestellt. Fakt ist, es verkleinert die Gräben zwischen omnivor und vegan, es vereinfacht den Menschen, für die das Thema vegan nicht nur Komplikation, Angst (wovor auch immer) und Wut (aus der Fehlinterpretation heraus, man wolle den Menschen die Fleisch essen Vorwürfe machen, obwohl man nur die Augen öffnen und zum Nachdenken anregen will) bedeutet die Vorstellung von einem veganen Leben, frei nach dem Motto: Wow, man kann sogar bei McDonald‘s einen veganen Burger bekommen und im Supermarkt ein veganes Magnum (im Dreierpack) kaufen.
Was von politischer Seite aus getan werden müsste, wäre, dass Kinder in der Schule lernen, wie die Realität aussieht. Kinder sollten nicht das Leben einer heilen Welt mit Bauernhöfen, wo die Kühe ihre Kälber säugen kennenlernen. Sie sollten sehen, was wirklich hinter den Mauern der Massentierhaltungs- und Mastbetriebe passiert. Man sollte den Kindern klar machen, dass die Tiere, die so süß sind, getötet werden. Man sollte ihnen verdeutlichen, dass die Kinder ihren Mamas weggenommen werden und sie in die Lage versetzen. Dann kann man ihnen immer noch die Wahl lassen, ob sie noch Fleisch essen oder Tierprodukte konsumieren möchten. Es gibt inzwischen auch viele tolle Kinderbücher, die dies altersgerecht kommunizieren.
Desweiteren sollten vegane Firmen subventioniert werden, alleine wegen des Klimaschutzes und es sollte eine hohe Steuer auf Tierprodukte geben, ebenfalls zum Schutze des Klimas und zur Rettung dieses Planeten. Es kann nicht sein, dass Fleisch- und Käsealternativen teilweise um ein vielfaches teurer sind als echtes Fleisch und „echter“ Käse.
4. Statistisch gesehen leben überwiegend Frauen vegan. Hast du einen Tipp für Männer, die eventuell Bedenken haben als unmännlich zu gelten, wenn sie vegan leben?
Ehrlich gesagt tun mir Männer, die solche Komplexe haben, leid. Was bedeutet Männlichkeit? Hoden zu haben und starken Haarwuchs? Muskeln? Oder geht es um einen Jagdinstinkt? Muss man blutrünstig sein, um männlich zu sein?
Was hat Empathie mit Männlichkeit zu tun? Ich bin ein Mann. Ich trage einen Bart. Attila Hildmann prahlte einmal damit, er könne, seit er vegan lebt, immer Sex haben und würde so lange durchhalten wie nie zuvor. In der Tat kann eine erektile Dysfunktion (umgangssprachlich Impotenz) mit dem Konsum von Fleisch einhergehen (Mehr Infos mit Quellenangaben hier: https://www.peta.de/impotenz-durch-fleischverzehr). In letzter Zeit habe ich mich aber auch immer wieder mit dem Thema Feminismus und Sexismus beschäftigt. Früher habe ich das Thema Feminismus nicht besonders ernst genommen, da Frauen heutzutage auf den ersten Blick mit Männern gleichberechtigt sind und es sicher auch einige seltsame feministische Vereinigungen gibt, die die Änderung der Sprache fordern, weil diese zu sehr auf Männlichkeit ausgerichtet ist. Ok, ich kann es in gewissem Maße verstehen. Was ich aber definitiv verstehe, ist die Tatsache, dass Frauen nicht als eigene Spezies gesehen werden wollen. Sie sind weder schlechter noch besser als Männer. Sie haben mit mehr Problemen zu kämpfen und sicherlich gibt es auch hormonell-bedingte Probleme, die Frauen in manchen Situationen sensibler oder verletzlicher machen, als den Großteil der Männer. Jedoch sollte sich jeder Mann darüber bewusst sein, wie es wäre, wenn er von fremden Männern oder auch Frauen, die der Betroffene evtl. völlig unattraktiv findet angebaggert, sexuell belästigt und gestalkt wird. Wenn der Mann weniger verdient als die Frau. Wenn er in der Gesellschaft als niederes Geschöpf gesehen wird, weil er nur ein Mensch mit Penis ist. Diese Vorstellung ist für die meisten Männer völlig unrealistisch, da es eben in dieser Gesellschaft nicht so ist. Aber für Frauen ist das bittere Realität. Ist Männlichkeit Sexismus, der in unserer Gesellschaft immer noch sehr präsent ist?
Muss man(n) besonders männlich sein und wenn ja, wie viele? Es gibt auch vegane Bodybuilder, coole vegane Typen. Vegan ist nicht stereotyp. Vegan ist nicht die Ökotante mit den Dreads. Veganismus hat viele Gesichter. Bärte, Tattoos, Piercings, Dreadlocks, Rastas, weiße Haut, schwarze Haut, Frauen, Männer, Transgender… leider ist die Galerie „Faces of Veganism“ derzeit nicht mehr online.
Fazit: Wichtig ist doch, dass man sich einfühlt und einsieht, dass der Konsum tierischer Produkte der Vergangenheit angehören sollte. Man sollte nicht argumentieren „Das haben wir immer schon gemacht!“. Dann bitte auch wieder Auto verkaufen, Kleidung ausziehen und ab in die Höhle. Und schön selbst jagen. Und keine Gewürze mitnehmen und kein Feuerzeug, um sich das Lagerfeuer anzumachen. Danke für‘s Nachdenken! Selber denken und nicht nachplappern!
5. Welche Argumente, meinst du, benötigen einige Männer um zum Umdenken bewegt zu werden (wenn es nicht die eigene Frau ist)?
Potenz, Gesundheit, Klimaschutz, Vermeidung von Tierleid, vielleicht brauchen einige auch den Tipp „Sexyness“, denn es ist sexy für Frauen, wenn Männer empathisch sind und ihnen eben nicht alles egal ist!
6. Eine Frage zu deinen persönlichen Erfahrungen. Wie reagieren Männer darauf, wenn sie mitbekommen, dass du vegan lebst?
Ich bekomme von Männern eigentlich keine andere Reaktion als von Frauen. Das typische ist „Ich könnte das nicht!“. „Ich brauch mein Fleisch!“. „Ich ess ja wenig Fleisch, aber…“. „Es ist schon schlimm, wie mit den Tieren umgegangen wird, aber ich ess ja nur Bio und auch ganz selten!“ (dreht man sich um, steht er an der nächsten Wurstbude)
Achso, dann gibt es natürlich noch die wahnwitzigen Sprüche wie „Vegetarisch ist indianisch und heißt zu dumm zum Jagen!“. Darüber kann ich mich nur fremdschämen.
7. Wie hat dein Umfeld auf deine Entscheidung vegan zu leben reagiert?
Es gab keine besondere Reaktion, weder positiv noch negativ. Ich lebe erst seit 2013 vegan und damals war es schon in aller Munde. Es galt nicht mehr als „lebensgefährlich“ vegan zu leben. Als meine Schwester 2001 vegan wurde, hieß es ja noch, man würde innerhalb von kürzester Zeit an Mangelerscheinungen zugrunde gehen. Inzwischen gilt es als sehr gesunde Ernährung.
8. Wie reagierst du auf dumme Sprüche bzgl. deiner Ernährungsweise?
Es kommt immer darauf an. Die meisten überhöre ich inzwischen. Irgendwann bekommt man ein dickes Fell. Jedoch nervt es mich besonders, wenn man nicht den typischen dummen Spruch bekommt, sondern gefragt wird, warum… sobald man anfängt zu erklären wird gegen argumentiert, mit viel Bullshit. Dann bekommt man den Vorwurf, man wäre intolerant. In dem Moment denke ich mir „Fresst Fleisch und werdet glücklich, aber lasst mich in Ruhe!“ Ich habe nie darum gebeten, dass sich jemand rechtfertigt, was im Übrigen eh nach hinten losgeht, da die Argumentation sehr dürftig und vollkommen widerlegbar ist. Wenn ich aber gefragt werde, warum, dann sage ich die ehrliche Meinung und dann muss man das akzeptieren und sollte es nicht kleinreden. Sonst einfach mal die Klappe halten. Am liebsten sage ich bei mehrmaliger Nachfrage „Es gibt allgemein gesehen faktisch keinen Grund nicht vegan zu leben, außer Egoismus!“ Das könnte man erklären, man kann es aber auch einfach im Raum stehen lassen. Denn wenn man es stehen lässt, dann zwingt man theoretisch die Menschen dazu, sich selbst damit auseinanderzusetzen. Und die wenigen, die das tatsächlich wissen wollen und sich wirklich informieren, werden herausfinden, dass dieser Satz richtig ist.
9. Wie reagieren Frauen auf deinen Ernährungsstil?
Siehe oben… kaum ein Unterschied.
10. Ist es dir wichtig, dass dein/e Partner/in auch vegan lebt?
Ja!
Meine Partnerin lebt vegan. Meine ehemalige Partnerin hat auch vegan gelebt. Man sollte schon gewisse Grundsätze teilen, um auf einem Nenner zu sein und eine ernste Beziehung zu führen.
Wäre ich Single und hätte nicht meine perfekte Partnerin schon gefunden, dann würde ich natürlich hoffen, dass die Frau, die ich kennenlerne und die mich vom Hocker haut auch mindestens bereit wäre veg(etarisch/an) zu leben.
11. Befinden sich noch andere Veganer oder Vegetarier in deinem Umfeld oder bist du (noch) der Einzige?
Ich hatte bereits durch die Arbeit in einem veganen Supermarkt und Restaurant/Café viele vegane Kolleg_innen und Freund_innen. Nach meiner letzten Beziehung habe ich tatsächlich immer mehr vegane Freund_innen kennengelernt.
12. Was ist dein liebstes veganes Produkt?
Derzeit der BEYOND Burger, vegane Feta-Alternativen von Violife und Bedda, Frischcreme von Alnatura und natürlich GEMÜSE, aber auch Joghurt-Alternativen
13. Gibt es noch etwas was du unveganen Männern mit auf den Weg geben möchtest?
Veganismus fängt im Kopf an. Überlegt, ob Ihr es versuchen wollt. Schränkt Euch nicht zu sehr ein, denn das kommt meistens von alleine. Ich habe mir anfangs gesagt, ich würde gelegentlich noch einen leckeren Käse kaufen. Doch wenn man erstmal „runter“ ist, dann ist das Bedürfnis nicht mehr da. James Cameron, der berühmte US-Regisseur (Titanic/Avatar etc.) sagte einmal in etwas Folgendes: „Ich sagte zu meiner Frau ‚wenn wir wirklich vegan leben, dann möchte ich mir die Freiheit nehmen, gelegentlich ein dickes T-Bone Steak zu essen.‘ Jedoch hatte ich dann kein Bedürfnis mehr danach, denn mein Gehirn programmierte sich quasi um.“
Wenn Ihr es wollt, dann müsst Ihr Euch nur an die Umstellung (kochen, einkaufen etc.) gewöhnen. Es gibt viele Menschen, die sehr hilfsbereit sind. Ich möchte auch gerne mit Tipps zur Seite stehen. Contact me on Instagram @felixvegan
Trivia (bzgl. James Cameron): Bei Avatar 2 gab es am Filmset angeblich nur veganes essen.
Hier noch ein paar prominente männliche Veganer: Al Gore, Alec Baldwin, Andre 3000 (Outkast), Anthony Kiedis (Red Hot Chili Peppers), Bill Clinton (angeblich), Boy George, Bryan Adams, Carl Lewis, Christoph-Maria Herbst aka Stromberg, Chris Martin, Hannes Jaenicke, James Cameron, James Cromwell, Jared Leto, Jason Thomas Mraz, Joaquín Rafael Phoenix, Johnny Depp, Kai Schumann, Mike Thyson, Moby, Morrissey („Fleischessen ist so schlimm wie Pädophilie“), Moses Pelham, Prince, Patrik Baboumian, Russell Brand, Thom Yorke, Thomas D, Tim Bendzko, Tobi Maguire, Uri Geller, Usher, Woody Harrelson (Woodrow Tracy Harrelson)
Lieber Felix, ich danke dir für deine Teilnahme an dieser wichtigen Aktion! Mit deiner ehrlichen Schilderung zeigst du ganz klar, was passiert, wenn man seine Augen öffnet und begreift, an was für einem Leid man sich beteiligt. Früher oder später kann man einfach nicht mehr wegschauen und dann beginnt der Prozess. Ich sehe es auch wie du, dass die Aufklärung bereits in Kindergärten und Co. erfolgen sollte. Die falschen Illusionen von den ach so friedlichen Bauernhöfen muss aufgehoben werden. Toll, dass du so aktiv zu einem Wandel beiträgst und die Leute mit veganen Leckereien überzeugst! Danke!
Hier geht es zu weiteren tollen Interviews der Aktion:
von V Change Makers | Mai 29, 2019 | Artikel, Empfehlungen (Produkte, Restaurants, etc.), Männer inspirieren Männer
Interview 18
Benjamin inspirierte mit seiner Entscheidung vegan zu leben seine Freundin und sein näheres Umfeld
Benjamin setzt heute die Aktion Männer inspirieren Männer fort. Er folgte seiner Intuition und hörte auf sein Herz als er an immer mehr Informationen über die Hintergründe in der Fleischindustrie und Co. gelang. Nach dem Film Earthlings, entschloss er sich vegan zu leben und inspirierte damit sein näheres Umfeld, die nun überwiegend offen für die vegane Lebensweise sind und ihren Teil zu einem Wandel beitragen. Erfahrt nun mehr über Benjamin und seine Erfahrungen sowie interessante Ansichten, wie der Veganismus der Gesellschaft näher gebracht werden kann.
1. Erzähl zunächst etwas über dich: Wer bist du?
Mein Name ist Benjamin Lorbeer. Ich studiere in meinem letzten Semester Englisch und Bewegung & Sport auf Lehramt. Ich lebe zusammen mit meiner Freundin, Jasmin Jebavy, und unseren beiden Kindern Paul (2 Jahre) und Liliana (3 Monate) in Wien, Hietzing. Ich habe eine große Leidenschaft für Sport, Ernährung und einen gesunden Lebensstil. Diese Leidenschaft wurde in meinem 16. Lebensjahr geweckt, als ich begann ins Fitnesstudio zu gehen und mich in diesem Rahmen für eine sportgerechte Ernährung zu interessieren. Ursprünglich war es mein Plan Sport und Ernährungswissenschaften zu studieren um mit dieser Kombination Ernährungsberatung und Personal Training anbieten zu können. Aber wie das Leben so spielt gab es eine Planänderung und ich habe mein Studium auf Lehramt umgestellt. Englisch war für mich eine naheliegende zweite Wahl, da ich 2009/10 ein Jahr in den USA als Austauschschüler verbracht hatte und die Sprache mir seitdem sehr nahesteht. Darüber hinaus waren sowohl meine Mutter als auch meine Großmutter Englischlehrer und mein Vater hat ebenfalls Englisch studiert. Es liegt also sozusagen in der Familie. Mittlerweile suche ich allerdings wieder nach Möglichkeiten ein zweites Studium an der FH als Diätologe anzutreten, da mich mein damaliger Traum noch nicht ganz losgelassen hat.
2. Weshalb lebst du vegan? Was war der Auslöser?
Vor ca. vier Jahren diskutierte ich mit einer veganen Freundin darüber ob Milch denn gesund sei. Da ich ihr beweisen wollte, dass ich recht habe suchte ich im Internet nach Antworten darüber. Während meiner Suche bin ich auf ein Video gestoßen in dem die umweltlichen Schäden der Viehzucht behandelt wurden. Da mir das Wohl unserer Umwelt und die Nachhaltigkeit unseres kollektiven Lebensstils schon immer wichtig waren habe ich eigentlich direkt anschließend die Entscheidung getroffen mich von da an vegan zu ernähren. Der Film Earthlings war dann der letzte Nagel in den Sarg, der meine Entscheidung endgültig machte. Die nächsten 7 Monate war ich streng vegan. Am Anfang wollte ich meiner Freundin (damals seit kurzem vegetarisch) nichts darüber sagen, aus Angst vor ihrer Reaktion. Natürlich machte ich es dadurch nur noch schlimmer, aber in den nächsten zwei Jahren fanden wir dann einen gemeinsamen Weg. Die ersten 7 Monate war ich, wie gesagt, streng vegan während meine Freundin skeptisch über meine Schulter blickte. Doch nach und nach fanden wir immer mehr Ersatzprodukte für die tierischen Lebensmittel. Am Ende der zwei Jahre lebten wir beide vollends vegan. Meine Freundin zu 100% und ist mittlerweile strenger als ich, denn bei mir gibt es hier und da noch eine Ausnahme. Ich würde trotzdem sagen ich lebe vegan, weil diese Ausnahmen sind innerhalb eines Jahres an einer Hand abzuzählen. Wir tragen auch kein Leder (außer die Gürtel, die wir bereits davor besaßen) und verwenden keine Wolle oder Produkte, die daraus hergestellt werden, wie z.B. Vitamin D aus Lanolin.
3. Was müsste, deiner Meinung nach, noch getan werden um der Gesellschaft den Veganismus näher zu bringen?
Ich glaube Werbung währe sehr hilfreich. Das Public Image ist ja oft nicht das beste und keiner will zu den exzentrischen Veganern gehören. Darüber hinaus müssen vegane Optionen einfach immer einfacher werden. Die Swing Kitchen ist da auf dem richtigen Weg finde ich. Natürlich ist das nicht das gesündeste, aber den meisten Menschen ist das oft auch egal. Der wichtigere erste Schritt ist es, mit so wenig Umstellung wie möglich den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Auch Laborfleisch, wenn es denn mal in unseren Supermärkten landet, wird einen großen Teil zur Veganisierung der westlichen Welt beitragen. Niemand will unnötiges Leid verursachen. Aber wenn man dann hungrig ist greift man zu den gewohnten Sachen.
Also das sind jetzt akute Möglichkeiten.
Langfristig ist es wichtig den Menschen ein Bewusstsein für Ernährung und Nachhaltigkeit zu vermitteln und das fängt am besten in den Schulen an. Wenn Kinder lernen sich für das, was sie in ihre Körper stecken, zu interessieren sind wir schon auf einem guten Weg denke ich.
4. Statistisch gesehen leben überwiegend Frauen vegan. Hast du einen Tipp für Männer, die eventuell Bedenken haben als unmännlich zu gelten, wenn sie vegan leben?
Was genau ist hier die Sorge?
Die „Östrogene“ in Soja? ? Iss kein Soja, bzw. überleg mal ob du dir nicht Sorgen um die ECHTEN Östrogene in Fleisch und Milchprodukten machen willst anstatt die pflanzlichen in Soja.
Muskelschwund? ? Google vegane Bodybuilder. Fleisch lässt Muskeln nicht wachsen. Training tut das. Sei nicht so faul und geh ins Fitnessstudio um etwas gegen deine Stäbchenarme zu unternehmen. Schau dir die die Fleischesser in deinem Umfeld an. Alle übergewichtig, nicht muskulös. Wer hat Muckis? Richtig. Leute die trainieren. Ernährung ist wichtig aber wenn du Muskeln aufbauen willst musst du schwere Dinge aufheben und nicht Burger braten.
Mythos: Tiere jagen ist männlich? ? Mag sein. Jagst du selbst? Nein? Dachte ich mir also leg das Schnitzel weg und iss eine Karotte. Und was genau ist männlich am Jagen. Mit Kraft und Durchhaltevermögen eine gefährliche Bestie zu erlegen? OK, schnitz dir einen Speer und geh auf Wildschweinjagd! Aber aus einem Versteck auf die Ferne ein krankes Rehkitz mit einer Schusswaffe zu erlegen ist bestenfalls gnädig und schlimmstenfalls feige. Beides hat nichts mit „Männlichkeit“ zu tun.
Außerdem: Vegane Frauen sind meistens schlank, haben schöne Haut und sind gesund. Auf was wartest du?
5. Welche Argumente, meinst du, benötigen einige Männer um zum Umdenken bewegt zu werden (wenn es nicht die eigene Frau ist)?
Hmm… Ich glaube im Grunde die gleichen wie Frauen. Männer sind oft genauso hingebungsvoll, fürsorglich und mitfühlend wie Frauen (auch wenn sie das nicht gerne zugeben). Ich denke das ist eher ein Image Problem als ein Überzeugungsproblem.
6. Eine Frage zu deinen persönlichen Erfahrungen. Wie reagieren Männer darauf, wenn sie mitbekommen, dass du vegan lebst?
Meistens positiv, um ehrlich zu sein. Dann werden einige Fragen gestellt, warum ich das mache. Erst einmal bin ich in eine Diskussion verwickelt worden, in der mein Gegenüber versuchte mich zu überzeugen, dass ein veganer Lebensstil nicht ethischer ist als seiner. Manche blocken ab mit Kommentaren wie „Ich könnte das nicht“. Sorgen um meine Proteinzufuhr hat sich eigentlich noch niemand gemacht. Allerdings fangen viele an sich zu rechtfertigen und mir wird erklärt, dass sie eh immer nur bio kaufen. Ich gratuliere ihnen dann immer dafür, dass sie sich so bewusst und umsichtig ernähren. Schließlich sind wir ja alle Tierfreunde oder nicht? Und wer will schon ein unmenschlich geschlachtetes Tier essen? Menschlich geschlachtet schmeckt ja auch viel besser.
7. Wie hat dein Umfeld auf deine Entscheidung vegan zu leben reagiert?
Fast alle haben mitgemacht. Meine Mutter, meine Freundin, mein kleiner Bruder und meine Schwiegermutter leben jetzt auch großteils und teilw. fast ausschließlich vegan. Mein zweiter Bruder fragt immer wieder nach veganen Alternativen, braucht aber noch etwas Zeit. Meine Schwiegeroma neigt auch dazu. Mein Schwiegeropa will zwar weiter Fleisch essen, hat aber keine guten Argumente und bleibt deshalb meistens still. Meine eigene Oma ist die Einzige, die das überhaupt nicht versteht. Sie hat auch eine irrationale Angst vor Tofu, vielleicht hat es damit etwas zu tun. Keine Ahnung was es damit auf sich hat. Mein Vater war davor schon sein leben lang Pesco-vegetarisch. Er glaubt jetzt, wir ziehen am gleichen Strang und versucht sich selbst zu überzeugen, dass er der Auslöser dafür war, dass wir jetzt vegan sind. Ich konnte ihm bis jetzt noch nicht ganz klar machen, das Milchprodukte mehr Leid und schaden als Fleisch verursachen aber mal schauen was die Zukunft bringt. Familientreffen finden jetzt hauptsächlich in indischen und asiatischen Restaurants statt wegen den veganen Optionen XD.
8. Wie reagierst du auf dumme Sprüche bzgl. deiner Ernährungsweise?
Ganz unterschiedlich. Aber oft stimme ich dem Witzbold zu oder leg noch einen drauf. Veganerwitze haben ja oft ein Körnchen Wahrheit und dadurch biete ich keine Konfrontationsfläche an. Wenn wir dann alle herzhaft über diese dummen Veganer gelacht haben lege ich manchmal, sofern es angebracht ist, einen ernsthaften Satz über die Folgen tierischer Produkte nach, der hoffentlich zum Nachdenken anregt.
9. Wie reagieren Frauen auf deinen Ernährungsstil?
Auch meistens positiv. Seltener mit Sorgen über meine Gesundheit.
10. Ist es dir wichtig, dass dein/e Partner/in auch vegan lebt?
Ja. Ich will mir gar nicht vorstellen wie es jetzt wäre, wenn sie nicht auch vegan geworden wäre. Ich kenne ein Paar bei denen er noch Fleisch isst, während sie streng vegan ist. Das stelle ich mir unendlich anstrengend vor.
11. Befinden sich noch andere Veganer oder Vegetarier in deinem Umfeld oder bist du (noch) der Einzige?
Siehe oben.
12. Was ist dein liebstes veganes Produkt?
Die Swing Kitchen hat schon verdammt gute Sachen. Aber wenn ich ein einzelnes Produkt nominieren muss würde ich die Creme Vega von Dr. Oetker wählen. Exzellenter Sauerrahm auf Sojabasis, schmeckt aber kein bisschen nach Soja. Die klassischen Sojajoghurts kann ich nicht ausstehen aber Creme Vega ist super. Außerdem gibt es die im Merkur und ist somit leicht erhältlich.
13. Gibt es noch etwas was du unveganen Männern mit auf den Weg geben möchtest?
Schau dir Earthlings und den Talk von Gary Yourofsky an (https://www.youtube-nocookie.com/watch?v=es6U00LMmC4&has_verified=1). Dann atme tief durch und überlege ob du ERNSTHAFT Argumente gegen Veganismus hast. Falls nein, wie kannst du dann noch in den Spiegel schauen?
Lieber Benjamin, vielen Dank für deine Teilnahme! Es ist super, dass du durch deine Entscheidung vegan zu leben, auch dein näheres Umfeld so positiv beeinflusst hast! Du hast somit bei anderen Leuten den wichtigen Stein ins Rollen gebracht und einen Zugang geschaffen, der sie für diese Thematik sensibilisiert hat. Super! Mach weiter so 🙂
Wenn du vegan lebst und männlich bist, dann mach doch bei der Aktion Männer inspirieren Männer mit! Alle wichtigen Informationen findest du hier: AUFRUF für die Aktion: Männer inspirieren Männer!
Ich freue mich auf deine E-Mail!
Hier geht es zu weiteren tollen Interviews der Aktion: