Markus wurde von einem gleichgültigen Allesesser zu einem überzeugten Tierrechtsaktivisten

21.05.2019

Interview 13

Markus erklärt deutlich, wie das Thema Veganismus in der Öffentlichkeit thematisiert werden sollte und dass ein politischer Wandel ein absolutes Muss darstellt

Auch heute wird die Aktion Männer inspirieren Männer fortgesetzt. Diesmal erzählt Markus eindringlich, wie sein Wandel vom gleichgültigen Allesesser zum überzeugten Tierrechtsaktivisten stattfand. Dabei spielte für ihn vor allem die ethische Komponente eine große Rolle, dicht gefolgt von den negativen Auswirkungen der Fleischindustrie auf unsere Umwelt. Mitgefühl ist für ihn die Basis. Erfahrt nun mehr von seinen interessanten und wichtigen Ansichten.

1. Erzähl zunächst etwas über dich: Wer bist du?

Ich bin Markus, 38 Jahre, Wahlhamburger, Papa zweier bezaubernder Töchter, beruflich Projektleiter in der Forschung und lebe seit ziemlich genau sechs Jahren vegan.

 

2. Weshalb lebst du vegan? Was war der Auslöser?

Ich lebe aus ethischen Gründen vegan, aber natürlich spielt auch der Umwelt- und Klimaschutz eine große Rolle. Kurioserweise sind vier Männer die entscheidenden Auslöser für meinen Veganismus gewesen, drei davon – zumindest zum damaligen Zeitpunkt – noch nicht mal Veganer.

Der erste Denkanstoß kam durch einen damaligen Arbeitskollegen, der in der Uni-Mensa über Nacht nur noch zur vegetarischen Alternative griff und das damit begründete, dass das Fleisch aufgrund des Preisdrucks in einer Mensa aus schlimmster Massentierhaltung stammen müsse und er das nicht mehr essen könne.

Kurze Zeit später empfahl mir ein Freund das Buch »Tiere essen« von Jonathan Safran Foer – und nach der Lektüre war mir klar, dass ich etwas an meiner Ernährung ändern muss. Zu dem Zeitpunkt war ich der festen Überzeugung, dass ›vegan‹ nur was für Extremisten und Spinner ist und dass das nichts für mich wäre, konnte mich aber mit dem Gedanken anfreunden, es immerhin als Vegetarier zu versuchen. Nur getan habe ich es dann doch nicht, der letzte Anstoß zur tatsächlichen Umsetzung fehlte.

Erst eine 30-Tage-vegan-Challenge, die mir mehr oder weniger zufällig in einem veganen Kochbuch beim Stöbern in einer Buchhandlung in die Hände fiel, brachte mich dann zum Handeln: 30 Tage werde ich das schon irgendwie durchhalten – Challenge accepted! Nun ja, und aus diesen 30 Tagen sind nun sechs Jahre geworden, und aus dem gleichgültigen Allesesser ein überzeugter Tierrechtsaktivist.

Markus erklärt deutlich, wie das Thema Veganismus in der Öffentlichkeit thematisiert werden sollte und dass ein politischer Wandel ein absolutes Muss darstellt

3. Was müsste, deiner Meinung nach, noch getan werden um der Gesellschaft den Veganismus näher zu bringen?

Ich glaube wir brauchen Veränderungen auf allen Ebenen. Politik und Justiz müssen dem Thema Tierschutz endlich das Gewicht geben, dass ihm aufgrund des Verfassungsrangs zusteht. Da könnte man beispielsweise mit der marktverzerrenden Subventionspolitik anfangen anstatt sich lobbyhörig gegen Bezeichnungen wir Pflanzenmilch oder Veggie-Schnitzel einzusetzen. Subventionieren wir doch lieber tier-, umwelt- und klimafreundliches, gesundes Biogemüse anstatt Agrarfabriken und Megaställe! Ein progressiver, grüner Landwirtschaftsminister anstatt immer derselbe CDU/CSU-Filz könnte da schon ein guter Anfang sein.

Das Angebot veganer Produkte wird ja erfreulicherweise immer größer diese Entwicklung muss weiter gehen, bis sie quasi ubiquitär sind, am besten natürlich von fairen, ethischen Herstellern anstatt von Großkonzernen wie Nestlé, die durch die veganen Produkte nur zusätzlichen Umsatz generieren. Es muss einfach und günstig sein, sich für das richtige (tierleidfreie, klimaschonende) Produkt zu entscheiden, damit es die Masse macht.

Veganismus ist gelebtes Mitgefühl  und das wurde den meisten Menschen für die Nutztiere abtrainiert, zumindest, wenn sie in Stücke zerteilt und verpackt im Supermarkt liegen. Wir müssen die Menschen an folgende Dinge: 1. Es sind fühlende Lebewesen, die wir da zu Milliarden in aller Regel unter schlimmsten Bedingungen mästen, schlachten und verspeisen. 2. Wir brauchen keine tierlichen Produkte, um uns gesund, vielseitig und lecker zu ernähren. Eines meiner Lieblingszitate bringt diese Tatsachen gut auf den Punkt: »If we could live happy and healthy lives without harming others – why wouldn’t we?«

 

4. Statistisch gesehen leben überwiegend Frauen vegan. Hast du einen Tipp für Männer, die eventuell Bedenken haben als unmännlich zu gelten, wenn sie vegan leben?

Keine Angst vor der veganen Wurst oder dem Seitan-Steak auf dem Webergrill! Mitgefühl ist sexy und sich für die Schwächeren einzusetzen ist männlicher, als es der Verzehr selbiger je sein könnte. Fleisch ist kein Stück Lebenskraft und erst recht kein Stück Männlichkeit, sondern einfach nur ein kulturell glorifiziertes Stück vom toten Tier, das Leben wollte, wie wir.

 

5. Welche Argumente, meinst du, benötigen einige Männer um zum Umdenken bewegt zu werden (wenn es nicht die eigene Frau ist)?

Man wird nicht gleich zum Lauch, nur weil man kein totes Tier mehr isst! Die vegane Küche ist so extrem vielseitig, dass da wirklich mehr übrig bleibt als Salat, Beilagen und Spaghetti Napoli.

 

6. Eine Frage zu deinen persönlichen Erfahrungen. Wie reagieren Männer darauf, wenn sie mitbekommen, dass du vegan lebst?

Das ist ganz unterschiedlich. Von interessiertem Nachfragen über Gleichgültigkeit bis hin zu vehementem Antiveganismus habe ich schon alles erlebt. Ich konzentriere mich da auf die Ersteren, denn das sind die meist positiven Gespräche, in denen die Argumente für eine vegane Lebensweise auch wirklich gehört und verstanden werden.

 

7. Wie hat dein Umfeld auf deine Entscheidung vegan zu leben reagiert?

Insgesamt überwiegend positiv. Manche fragen auch nach sechs Jahren noch, wie lange ich das eigentlich noch machen will. Aber blöde Sprüche oder Unverständnis kommen kaum noch und die prinzipielle Zustimmung und interessierten Nachfragen werden häufiger. Allerdings ändert sich in so vielen Jahren als Veganer und insbesondere als Tierrechtsaktivist auch das Umfeld etwas.

 

8. Wie reagierst du auf dumme Sprüche bzgl. deiner Ernährungsweise?

Wenn ich schlagfertig genug bin, gibt es einen Spruch zurück. Sonst bleibe ich einfach gelassen und spiele den Ball lieber durch geschickte Fragen zurück.

 

9. Wie reagieren Frauen auf deinen Ernährungsstil?

Im Allgemeinen interessierter und positiver als die Männer, aber auch da gibt es natürlich Ausnahmen.

 

10. Ist es dir wichtig, dass dein/e Partner/in auch vegan lebt?

Ja, unbedingt. Das Thema Veganismus und Tierrechte hat in meinem Leben inzwischen einen so hohen Stellenwert eingenommen, dass ich mir nur schwer vorstellen könnte, mit einer nicht veganen Partnerin zusammen zu sein.

 

11. Befinden sich noch andere Veganer oder Vegetarier in deinem Umfeld oder bist du (noch) der Einzige?

Glücklicherweise habe ich viele Veganerinnen und Veganer in meinem Umfeld, und zum Glück wohne ich in einer Großstadt, wo das Leben als Veganer einfacher nicht sein könnte. Im Arbeitsumfeld sieht das leider anders aus, da sind wir zu zweit unter 120 Mitarbeitern.

 

12. Was ist dein liebstes veganes Produkt?

Linsen! In allen Farben und Verarbeitungsformen! Linsensuppe, Linsenbratlinge, Linsensalat, Linsenaufstrich, Linsenbraten, Linsenbolognese. Wahre Nährstoffbomben! Und was die sogenannten »Ersatzprodukte« angeht, bin ich tatsächlich vom Beyond Meat Burger ziemlich angetan, der derzeit wortwörtlich in aller Munde ist.

 

13. Gibt es noch etwas was du unveganen Männern mit auf den Weg geben möchtest?

Traut euch, männliche Stereotypen abzulegen. Keine Angst vor der veganen Wurst oder dem veganen Burger! Die Tiere, die Umwelt, das Klima und die eigene Gesundheit danken es euch!

 

Lieber Markus, danke für deine tollen Antworten auf meine Fragen! Super, dass du mehrere Gründe für den Veganismus aufführst und vor allem den Klimawandel und die politischen Fehlentscheidungen bzw. Lösungen thematisierst. Ich hoffe, dass einige Leser bei der Europawahl ihre politischen Entscheidungen noch einmal überdenken. Die alten Parteien haben wirklich ausgedient. Danke für deinen Mut deine Entscheidung öffentlich zu machen, durch zuziehen und anderen vorzuleben, trotz gelegentlicher Kritik und dummen Sprüchen. 

Du bist auch männlich und lebst vegan? Dann mach doch bei der Aktion Männer inspirieren Männer mit und lass deine Worte und Erfahrungen unvegane Männer motivieren. Alle Informationen zur Aktion findest du hier: AUFRUF für die Aktion: Männer inspirieren Männer!

Ich freue mich auf deine E-Mail!

 

Hier geht es zu weiteren tollen Interviews der Aktion: 

Jessica Aschhoff V Change Makers

Über mich

Ich bin Jessica, 39 Jahre, 2-fache Mutter und lebe seit fast 14 Jahren vegan.  Ich habe es mir zur Lebensaufgabe gemacht,

  • Menschen an das das Thema Veganismus heranzuführen,
  • aufzuklären durch klare Worte,
  • Orientierung zu schenken durch einen leicht umsetzbaren Einstieg in vegane Lebensweise
  • und dabei zu unterstützen selbstbewusst mit ihrer Entscheidung vegan zu leben umzugehen.

Da ich zudem zweifache Mutter bin, lasse ich dich teilhaben an meinem wertvollen Wissen und Erfahrungswerte zum Thema vegane Kindererziehung.

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