Thorben: „Es gibt nichts Männlicheres für viele Frauen als ein Mann, der Mitgefühl hat und Tiere liebt.“

30.04.2019

Interview 5

Rugbyspieler und Ultraläufer Thorben machte innerhalb eines Tages einen klaren Schnitt und kaufte ab da an keine tierischen Lebensmittel mehr

Heute berichtet Thorben aus Österreich, wie er zum Veganismus fand, was sich dadurch für ihn veränderte und schildert ausführlich wie er als Hochleistungssportler mit Kritik und Vorurteilen umgeht. Sehr selbstbewusst und offen geht er mit seiner Ernährungsweise um und überzeugt durch seine sportlichen Leistungen jeden Kritiker. Erfahrt nun mehr und lasst euch durch seine Antworten für die Aktion Männer inspirieren Männer motivieren. 

1. Erzähl zunächst etwas über dich: Wer bist du?

Ich heiße Thorben, bin 25 Jahre alt und wohne in Österreich. Ich bin gebürtiger Deutscher, aber schon als Kind nach Kärnten ausgewandert und dann für das Studium nach Wien gegangen. Seit 2019 lebe ich nun mit meiner Partnerin, unseren 2 Hunden und 2 Katzen etwas außerhalb von Wien. Ich arbeite in einer größeren Tierklinik und in meiner Freizeit spiele ich gerne Rugby oder laufe in den Bergen – auch mal 12 Stunden lang oder Distanzen über 40km am Stück. Am liebsten aber laufe ich zusammen mit meinem Ründen, „Samson“, der der beste Pacemaker und Motivator ist.

Der vegane Rugbyspieler und Ultraläufer Thorben überzeugt durch seine sportlichen Höchstleisungen jeden Kritiker. Erfahre mehr von seinen Tipps!

2. Weshalb lebst du vegan? Was war der Auslöser?

Ich habe früher einige Jahre bei meiner damaligen Partnerin auf ihrem Bauernhof gelebt, wo ich die Möglichkeit hatte viele Lebensmittel selbst zu produzieren – „from stable to table“ wie man in der Veterinärmedizin so schön sagt. Als wir uns getrennt haben, fehlte mir der Zugang zu Lebensmitteln, deren Herkunft und vor allem das Wissen über den Umgang mit dem Tier an sich. Da ich neben Veterinärmedizin auch Agrarwissenschaften studiert habe, weiß ich ganz genau wie die Welt der tierischen Produktion aussieht. Das was es im Supermarkt an Fleisch zu kaufen gib, kam mir falsch und unnatürlich vor. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen Schweinefleisch zu essen, ohne zu wissen wie das Tier gehalten, gefüttert und geschlachtet wurde. Vor allem die Faktoren „Stress“ und „respektvoller Umgang“ waren mir immer ein Anliegen. Ich kam mir dann heuchlerisch vor z. B auch Fisch weiterhin zu konsumieren, und bei Milch war ich mir dann nicht mehr sicher, ob ich weiterhin das System unterstützen möchte, in das die Landwirtschaft durch den Konsumenten und die Wirtschaft gezwungen wird. Ich habe dann einen klaren Schnitt gemacht und von einem Tag auf den anderen keine tierischen Lebensmittel mehr gekauft. Das was ich noch zuhause hatte habe ich entweder verschenkt, oder gegessen, denn wegwerfen wäre keine Alternative gewesen.

3. Was müsste, deiner Meinung nach, noch getan werden um der Gesellschaft den Veganismus näher zu bringen?

Es sollte viel mehr mit positivem Beispiel vorangehen. Man wird weniger ein Umdenken erreichen, wenn man gegenüber „Allesessern“ die Moralkeule auspackt und mit dem Finger auf sie zeigt. Ich bin der Auffassung, dass man am meisten erreichen kann, wenn man den Menschen positives vorlebt. Seit 2019 starte ich bei meinen Laufbewerben für das TeamVegan.at und trage dort unsere Teamkleidung. Bei meinem letzten Dreitagesbewerb stand ich 4x am Podest und konnte den Menschen zeigen, dass ich auch als Veganer zu Höchstleistungen fähig bin. Es kommen dann nach den Rennen oft Menschen zu mir, die mich fragen wie ich das mache, auf was ich bei der Ernährung schaue und wie sie das am besten angehen können. Es ist unglaublich was für Männer da manchmal kommen und mir erklären, dass sie es schon versucht haben, aber dann daran gescheitert sind, dass sie nicht wissen, wie sie sich effektiv umstellen können. Ihre Motive sind da ganz unterschiedliche: Von Tierliebe, zu Klimaschutz bis hin zur Leistungssteigerung, die sie sich von Positivbeispielen aus dem Spitzensport, wie Patrik Baboumian (Kraftsportler), Venus Williams (Tennisspielerin) oder Scott Jurek (Ultraläufer), versprechen… wo wir wieder beim Thema werden. In den letzten Jahren ist es viel einfacher geworden sich vegan zu ernähren. Vor allem Social Media hilft dabei sich auszutauschen und neue Dinge zu finden die man mag und man damit kochen was super Leckeres kochen kann.

4. Statistisch gesehen leben überwiegend Frauen vegan. Hast du einen Tipp für Männer, die eventuell Bedenken haben als unmännlich zu gelten, wenn sie vegan leben?
Es gibt nichts Männlicheres für viele Frauen als ein Mann, der Mitgefühl hat und Tiere liebt. Glaubt mir.  Es sieht dir eh kein Mensch allein von deinem Aussehen an, wie du dich ernährst, also sind die Voraussetzungen für ein Kennenlernen die  gleichen. Aber wenn man dann in einem Gespräch erzählt, dass mein keine Tiere töten möchte, finden das unglaublich viele Frauen positiv. Außerdem, was ist heutzutage schon noch „unmännlich“. Seit David Beckham es salonfähig gemacht hat als Mann auch auf sein Äußeres Wert zu legen, sind die Grenzen doch sowieso eher fließend.

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5. Welche Argumente, meinst du, benötigen einige Männer um zum Umdenken bewegt zu werden (wenn es nicht die eigene Frau ist)?
Das ist glaube ich ganz individuell. Manche sind total empfänglich für die Tierschutzthematik, andere für den Klimaschutz und vor allem bei Sportlern ist die bessere Regeneration bei veganer Ernährung ein Thema. Ich denke, wenn vegan nicht mehr das Label „Verzicht“ trägt, dass wir immer noch auf uns tragen, dann wird es für viele einfacher werden. Ich verzichte nicht auf bestimmte Lebensmittel, ich erweitere nur mein Spektrum *Zwinker*

6. Eine Frage zu deinen persönlichen Erfahrungen. Wie reagieren Männer darauf, wenn sie mitbekommen, dass du vegan lebst?

Es kommt immer auf den Kontext drauf an. Wenn ich gerade wieder bei einem Rennen gut abgeschnitten habe, dann schon positiv und ich höre keine „Veganer-Witze“. Aber vor einem Rennen, wenn ich im Teamtrikot aufwärme, spüre ich schon wie sie mich ansehen und denken sich sicher ihren Teil. Das vergeht ihnen aber meistens, wenn sie mich dann nur noch von Hinten sehen. Das ist nebenbei auch die beste Motivation schneller zu laufen. Ansonsten versuche ich immer in einem ehrlichen Diskurs zu erklären, warum ich nichts von Tieren essen möchte, gerade wenn es ein bäuerliches Umfeld ist. Die meisten verstehen das dann auch wenn man mit ihnen auf Augenhöhe kommuniziert, ohne ihnen ein schlechtes Gewissen einzureden, weil dann hat man verloren. Seltsamerweise glauben die meisten Menschen sich dafür rechtfertigen zu müssen, auch ungefragt, warum sie Fleisch essen. Ich habe da meine Standardargumente parat, die sie ein bisschen grübeln lässt, aber sie keinesfalls dumm dastehen lassen, vor allem nicht wenn Frauen anwesend sind, sonst fängt das „Veganer-Bashing“ erst recht an.

7. Wie hat dein Umfeld auf deine Entscheidung vegan zu leben reagiert?

Meine Familie war da sehr offen. Mein kleiner Bruder lebt schon länger aus ethischen Gründen Vegan, deswegen war das keine große Umstellung bei gemeinsamen Essen für uns. Meine Freunde hatten damit eher ein Problem, weil sie sehr viel und gerne Fleisch essen. Seitdem werde ich seltener zum Essen eingeladen aber hin und wieder kochen sie auch was Veganes für mich. Solange man nicht den moralisch Überlegenen spielt und Humor hat, wird einem das Umfeld die Umstellung auch nicht allzu übel nehmen. Wenn ich mit Freunden essen gehe, oder wir draußen sind und sie mir was anbieten kommt der klassische Spruch: „Achja, das kannst du nicht essen.“. Ich habe das immer klargestellt, nämlich das ich das schon kann, aber halt nicht möchte. Das verstehen sie dann meistens, weil es dann weniger wie ein Zwang und mehr wie eine selbstständige Entscheidung klingt.

8. Wie reagierst du auf dumme Sprüche bzgl. deiner Ernährungsweise?

Ich reagiere sehr viel mit Ironie und einem Fünkchen Wahrheit. Wenn mich jemand halblustig fragt wieso ich überhaupt vegan bin, antworte ich meistens mit „Pflanzenhass. Reinem Pflanzenhass“. Bei Sprüchen wie „du isst meinem Essen das Essen weg“ hat mein Gegenüber allerdings schlechte Karten, immerhin bin ich „studierter Bauer“ und weiß ganz genau wer hier wem was weg isst. Wenn man das witzig verpacken kann, fragen die das auch nie wieder. Sticheleien über Mangelerscheinungen find ich besonders lustig. Das gibt meisten die besten Kontervorlagen.

9. Wie reagieren Frauen auf deinen Ernährungsstil?

Auch das lässt sich nicht verallgemeinern. Das ist stark Personen abhängig und auch von der Kultur her unterschiedlich. Die Frage ist eher, wie reagieren Frauen auf meinen Ernährungsstil, die ich interessant finde *Zwinker*. Ich muss sagen, dass ich damit mehr positive als negative Erfahrungen gemacht habe. Es war zwar keine Auswahlkriterium, aber seit meiner Umstellung waren doch einige Partnerinnen selbst vegan oder vegetarisch, und bei denen war das dann schon ein riesiges Plus. Generell ist ja die Anzahl von Männern in der veganen Community eher überschaubar, was die Lage dann natürlich begünstigt. Wenn man also auf PartnerInnensuche ist, und zudem noch mit der Umstellung auf Vegan hadert, hier wäre noch ein Punkt für die „Pro“-Liste. *Zwinker*

10. Ist es dir wichtig, dass dein/e Partner/in auch vegan lebt?

Nein, es ist mir nicht wichtig, dass sie selbst vegan lebt, aber dass sie meine Ernährungsweise respektiert. Meine Partnerin war schon vorher vegetarisch, und ernährt sich mittlerweile Großteiles vegan. Wenn meine Partnerin aber Fleisch konsumieren würde und das auch zu jedem Essen braucht, würde das auf Dauer wahrscheinlich nicht halten. Es ist natürlich organisatorisch einfacher, wenn sich beide ähnlich ernähren, egal ob jetzt in veganen Haushalten oder im Vergleich Junkfood und Gesund.

11. Befinden sich noch andere Veganer oder Vegetarier in deinem Umfeld oder bist du (noch) der Einzige?

Mein kleiner Bruder ernährt sich schon länger als ich vegan, und in meinem Freundeskreis gab es vorher schon ein paar VeganerInnen. Sehr viele jetzige Freundschaften haben sich aber mehr oder weniger zufällig durch die vegane Community ergeben. Es ist für mich aber keinesfalls eine Kriterium für eine Freundschaft, aber es macht viele Dinge einfacher.

12. Was ist dein liebstes veganes Produkt?

Ich liebe Kochschokolade. Sie ist zwar nur „accidentally vegan“, d. h. dass der Hersteller nicht mit Absicht auf tierische Produkte verzichtet hat, sondern es einfach Zufall ist. Ansonsten steh ich total auf den Stracciatella-Joghurt aus Lupinen.

13. Gibt es noch etwas was du unveganen Männern mit auf den Weg geben möchtest?

Tut das was ihr für richtig haltet. Wenn ihr glaubt, dass Tiere in der industriellen Landwirtschaft schlecht behandelt werden, dann habt den Mut darauf zu reagieren und hört auf ihr Fleisch zu kaufen. Es gibt so viele Dinge auf dieser Welt die schief laufen und an denen man als einzelner kaum eine Chance hat etwas zu ändern, aber die Entscheidung was du isst und wo es herkommt, triffst nur du allein. Und diese Entscheidung hat eine große Auswirkung. Auf andere Lebewesen, auf unseren Planeten, deine Nachkommen und schlussendlich auch auf dich selbst.

Der vegane Rugbyspieler und Ultraläufer Thorben überzeugt durch seine sportlichen Höchstleisungen jeden Kritiker. Erfahre mehr von seinen Tipps!

 

Lieber Thorben, danke für deine interessanten Antworten! Es ist toll zu lesen, dass du so selbstbewusst mit deiner veganen Ernährungsweise umgehst und jeden Kritiker mit Leistung und Fakten überzeugst! Danke, dass du den Lesern noch einmal vermittelst, wie wichtig es ist, dass jeder Einzelne begreift, wie bedeutend seine Entscheidungen sind und das jede Entscheidung auch Auswirkungen hat! Wir, die Konsumenten, müssen Verantwortung tragen. 


Folge Thorben auf Instagram: thorben_turbo


Wenn du auch bei der Aktion Männer inspirieren Männer mitmachen möchtest, freue ich mich wahnsinnig! Alle wichtigen Informationen findest du hier: AUFRUF für die Aktion: Männer inspirieren Männer!   Ich freue mich bereits auf deine E-Mail! 

Hier geht es zu weiteren tollen Interviews der Aktion: 

Jessica Aschhoff V Change Makers

Über mich

Ich bin Jessica, 39 Jahre, 2-fache Mutter und lebe seit fast 14 Jahren vegan.  Ich habe es mir zur Lebensaufgabe gemacht,

  • Menschen an das das Thema Veganismus heranzuführen,
  • aufzuklären durch klare Worte,
  • Orientierung zu schenken durch einen leicht umsetzbaren Einstieg in vegane Lebensweise
  • und dabei zu unterstützen selbstbewusst mit ihrer Entscheidung vegan zu leben umzugehen.

Da ich zudem zweifache Mutter bin, lasse ich dich teilhaben an meinem wertvollen Wissen und Erfahrungswerte zum Thema vegane Kindererziehung.

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